Hopfen (Humulus lupulus)

Der Hopfen scheint, abgeleitet von seiner Verwendung als Bierwürze, ein urdeutsches Gewächs zu sein, doch wurde er zu Zeiten der Völkerwanderung aus Russland nach Europa gebracht. Griechen und Römer hatten Kenntnis von ihm, die Verwendung zur Bierbrauerei geht neben Deutschland auch von Frankreich aus. Doch bevor er zur Bierherstellung Verwendung fand, wurden neben Schafgarbe und Beifuß auch andere Bitterkräuter zur Verleihung der Würze verwendet. 

Seine Triebe mäandern sich durch ganz Europa, durch Sibirien, den Kaukasus und über den Polarkreis hinaus.  Wir finden ihn in Hecken, Gebüschen, an Flussufern und Waldrändern; also auch überall dort, wo sich Orte des Übergangs befinden, wo uns ein anderes Erlebnis- und Daseinssystem, eine andere Dimension erwartet.

Über die Benennungsmotive herrscht Unsicherheit. Lupulus, weil sich die Pflanze wie ein Wolf (Lupus) um andere Pflanzen schlingt (wobei die Pflanze kein Schmarotzer ist, wie oft behauptet wird). Im Lateinischen bedeutet Lupus genau genommen Wolfshaken, womit die Kletterhakenhaare gemeint sein könnten. Daher findet sich bei Plinius wohl die Bezeichnung Lupus salictarius, was Weidenwolf bedeutet.

Im Aufguss und Absud fand Hopfen früher Verwendung bei Indigestion (Verdauungsstörung), Dyspepsie (Reizmagen), Scrophulose (Halsdrüsengeschwulst bei Kindern) und Rheumatismus.  Das Lupulin, eine bitter-gelbe Flüssigkeit aus den Fruchtkegeln, die getrocknet und gesiebt wird, wurde bei schmerzhaftem Urethral und Blasenleiden gegeben. Der Pariser Apotheker Planche war der erste, der 1813 die Aufmerksamkeit auf die Hopfendrüsen lenkte.

Hopfen vermindert Irritationen und wird bei Panikzuständen und Nervosität verwendet. Chemisch ist er mit THC, einem Cannabinoid verwandt. Er gibt uns ein Cannabis-ähnliches „High“ mit beruhigenden Qualitäten, Entspannung und tiefem Schlaf zugleich. Er zählt zu den Hanfgewächsen. Hopfenpflücker, die ihre Arbeit noch per Hand vollzogen, wurden schon nach kurzer Zeit recht müde.

Das Lieblingsgetränk der Männer allerdings (Bier) müsste ein Frauengetränk sein. Dies nicht nur, weil hierfür ausschließlich die weiblichen Blütenstände verwendet werden. Hopfen enthält Phytoöstrogene, er wirkt daher bei Wechseljahresbeschwerden und bei jungen Frauen wurde eine menstruationsfördernde Wirkung beobachtet. Vielleicht liegt es an den mit dem Hormon Östrogen verwandten chemischen Verbindungen, dass Bier trinkende Männer durchaus „weibliche Rundungen“ anzunehmen vermögen. Man ist nicht nur das, was man ist, sondern wohl auch das, was man trinkt.

Seine Heilwirkung wird mit antibakteriell, beruhigend, blutreinigend, entzündungshemmend und schmerzstillend grob umrissen, so wie es bei Bitterkräutern gute Sitte ist. Weiter wirkt er bei Magen- und Darmkrämpfen, Verstopfungen, Blasenentzündung, Blasensteinen, Herzklopfen, Schlafstörungen, Migräne und Angstzuständen. 

Die Signaturenlehre ordnet den Hopfen den Saturnpflanzen zu, die oft einen sauren oder bitteren Geschmack haben, zusammenziehend wirken, oft giftig sind (wie gefleckter Schierling, Salomonsiegel, Bilsenkraut und Stechapfel) und nur wenig Energie in eine farbenreiche und duftende Blüte verschwenden. Saturn ist derjenige, der allgemeine Spielregeln festlegt, damit kein Chaos ausbricht. Er beschneidet und lenkt den Entfaltungsspielraum der Zellen und Organe, um die bestmögliche Funktion des Organsimus zu gewährleisten. Ist dies zu stark ausgeprägt, kommt es zur Erstarrung, der Vielfalt von rheumatischen und anderen chronischen Erkrankungen. Letztere haben sogar den Namen Saturns erhalten; Chronos lautet sein griechischer Name. 

Wer Hopfen im Garten haben möchte, muss eines bedenken; seine unerschrockene Vitalität zum einen und die Standortauswahl zum anderen. Schnell umschlingt und durchrankt er alles, was sich seinen agilen Trieben in den Weg stellt. Und das ist schlichtweg Alles. Als Randbepflanzung in wilden Hecken oder zur Begrünung dürrer oder abgestorbener Bäume und ist er gut geeignet. Möchte man ihn dazu bringen, Bögen oder Pergolas zu umranken, bedarf es fast täglicher Fürsorge, Hilfestellung und hin und wieder ein wenig Zurechtweisung. Zwar wächst und wuchert der Hopfen recht schnell, doch, wie bei Staudengewächsen üblich, sind die oberirdischen Teile einjährig und sterben ab. Die Prozedur der Begrünung muss im Folgejahr demnach aufs Neue beginnen. Doch zur Belohnung können die jungen Triebe als äußerst delikates Wildgemüse geerntet werden; diese ähneln in Geschmack und Aussehen grünem Spargel. Die Hopfenblüten selbst zeigen sich erst Ende August, manchmal auch etwas später. 

© Kay Weber