Punktierter Gilbweiderich (Lysimachia punctata)
Wir finden den punktierten Gilbweiderich oft in traditionellen Bauerngärten und nur noch selten an Wegen und Bahndämmen als Bestandteil der Wildvegetation. Seine ursprüngliche Heimat findet sich auf dem Balkan wieder. Unter seinem Namen wurden vor ihm drei ganz verschiedene Pflanzen subsimiert; aufsteigende oder aufrechte Kräuter und Stauden mit aufsteigenden oder traubigen Blütenständen und weidenartigen Laubblättern.
Aus hellenistischen Zeit soll ein Arzt namens Lysimachis von Kos eine pharmazeutische Wirkung erkannt haben, die sich auf das griechische lysimachos bezieht und so viel wie Kampf lösend und Streit schlichtend bedeutet.
Botanisch zählt der Gilbweiderich zu den Primelgewächsen. Die Art benötigt im Garten so gut wie keine Pflege, ist zäh, winterfest und hinsichtlich des Standorts bescheiden, bildet durch Ausläufer dichte Pflanzenbestände und ist während der Blüte ausgesprochen dekorativ. Den Punktierten Gilbweiderich könnte man als echte alte Gartenstaude bezeichnen, auch wenn er erst in den 20er und 30er Jahren des 20. Jahrhunderts sichtbar im Bewusstsein der finnischen Gärtner Einzug hielt.
Für die Verwendung von Gilbweiderich in der Heilkunst gibt es viele überlieferte Hinweise. Gilbweiderich enthält Vitamin C und konnte damit den früher in der Winterzeit entstandenen Vitaminmangel ausgleichen. Auch heute noch empfehlen Kräuterkundler, Gilbweiderich zur Bereicherung des Speisezettels im Frühjahr als Gemüse zuzubereiten. Dazu werden die jungen Triebe und Blätter der Pflanze, bevor sie zu blühen beginnt, gekocht oder gedünstet und geschmort. Aufgrund seiner adstringierenden Wirkung wird er zur Wundheilung, bei Hämorrhoiden, Entzündungen der Mundschleimhaut und des Zahnfleisches empfohlen. Innerlich wird er als Tee oder als Tinktur in der Phytotherapie bei Husten, Nervosität, Schlaflosigkeit, Magen- und Darmproblemen und besonders bei Durchfall angewandt, da er hilft, eine gestörte Darmflora wieder aufzubauen.
Doch ist der oft auch Goldfelberich genannte Begleiter als Heilpflanze kaum bekannt und wenig beachtet. Vielmehr treffen wir auf ihn als beliebte, robuste, winterharte und pflegeleichte Staude, die selbst unter kargen Bedingungen prächtig gedeiht und der hier und da ein wenig Einhalt geboten werden muss.
Bemerkenswert ist die Vitalität der Pflanze. Ihre Wurzelausläufer mäandern sich geschickt und strebsam knapp unter der Erdoberfläche voran, entfernen sich jedoch nicht weit von der Staude selbst und erobern so über die Jahre fast unbemerkt mehr und mehr Platz im Garten. Leicht sind die Wurzeln aus dem Boden zu nehmen, so als ob sie es erwarten würden und sich deshalb nicht sonderlich fest in der Erde verankern. Doch aus dem kleinsten liegengebliebenen Wurzelrest sprießen bald neue, erst noch schüchterne Pflanzen. Heimlich jedoch, im Boden breiten sie sich rasch aus, um im Folgejahr trotzig zu verkünden, dass man sie so einfach nicht loswerden würde. Wer sich gründlich, und weshalb auch immer, von dieser Pflanze trennen möchte, solle dies schon gründlich tun; so zumindest scheint die Botschaft zu lauten.
Diese Eigenschaften des sich Ausdehnens, der opulenten Assimilation, des Durchbruchs (aus dem Boden heraus) und der Erweiterung sprechen eindeutig für eine jupiterische Signatur, die durch einen unaufdringlich süßen Duft betont wird. Dieser, der Sonne wohl ähnlichste Planet, steht für die Fähigkeit, aus aufgenommener Nahrung Kraft, Wohlbefinden und Gesundheit zu schöpfen. Hierbei bilden die Leber und der Dickdarm eine entscheidende Rolle. Ausdehnung ohne eine gesunde Grundlage führt zur Blähung - und in der Tat sind Flatulenzen und Meteorismus eindeutige Signifaktoren für unkontrollierte Ausdehnung.
© Kay Weber