Löwenzahn - Taraxacum officinale

Was gibt es nicht, das über den Löwenzahn schon geschrieben wurde? Zauber- und Orakelpflanze, Wundermittel gegen allerlei Beschwerden, der Alleskönner schlechthin - zudem eine der allgegenwärtigsten Pflanzen überhaupt - und nicht Jeder erfreut sich ihres quicklebendigen Auftretens. Unzählige Maßnahmen werden ergriffen, sich ihm zu entledigen, ihm den Kampf anzusagen, ihn auszumerzen, zu vergiften, auszustechen und zu versengen. Doch seine Vitalität, Triebkraft und Wiederauferstehungsfreude strebt jenem menschlichem Treiben entgegen und lässt deutlich erkennen, dass die Dinge, denen wir besondere Aufmerksamkeit widmen, hierin Bestätigung finden. Ein Phänomen, welches uns auch auf gesellschaftlicher und politischer Ebene vor Augen geführt wird. Alles, wogegen man glaubt sein zu müssen, dem man den Kampf ansagen muss, Alles das wächst und gedeiht um so prächtiger, auch wenn wir ursprünglich ja das Gegenteil bewirken wollten.  

Betrachten wir uns einfach nur die Flächen, auf denen der Löwenzahn explosionsartig gedeiht, so sind es vorwiegend Gärten und Parks, Rasenflächen und mit Stickstoff gedüngte Futterwiesen, auf denen er sich dicht an dicht ausbreitet. Eindeutig profitiert der Löwenzahn vom menschlichen Treiben in unserer monokulturell orientierten Kulturlandschaft. Eine grüne Rasenfläche ist nichts Natürliches. Das Fehlen jedweder Wurzelsoziologie in den Böden macht solche Flächen angreifbar, lässt sie durch nicht vorhandenes Wasserbindungsvermögen schnell austrocknen, Regen mehr abfließen als eindringen und die kaum vorhandene Humusschicht findet keinen Halt. Dieses Bild kennen wir vorwiegend von Getreide-, Mais- und Rapsfeldern, aber auch typisch plantagierten Fichtenwäldern, bei denen 90% der Regenmenge abfließen und große Mengen der Bodenschichten abgetragen werden. In Schätzungen (E. O. Wilson) geht man davon aus, dass inzwischen 30% der global verfügbaren landwirtschaftlichen Flächen durch Auswaschung und Erosion kaum noch Ertrag bringen. 

Diese fehlende Wurzelsoziologie ist nicht nur maßgeblich für Bodenabtrag und -auswaschung, fehlende Wasserdurchdringung und -aufnahmefähigkeit wie auch Speichervermögen und dadurch auch zunehmende Bodenverdichtung, sondern ist auch ein tragender Bestandteil für Überschwemmungen, wie wir sie inzwischen alljährlich als klimawandelbedingte Flutkatastrophe effektvoll aufbereitet serviert bekommen.  

 

Beobachten wir den Löwenzahn über mehrere Vegetationsperioden hinweg, werden wir feststellen, dass sich der Habitus der Pflanze nicht nur von Standort zu Standort unterschiedlich darbietet, sondern dies oft am gleichen Standort auch vollzieht. Besonders augenfällig ist hier die Position seiner Blätter, an der sich die aktuelle Bodenqualität ablesen lässt. Liegen die Blätter flach am Boden, bedeutet dies, dass die Pflanze noch damit beschäftigt ist, dem Boden Struktur und Krume zu verschaffen, mit ihren Pfahlwurzeln wichtige Spurenelemente aus tieferen Erdschichten nach oben zu transportieren, um diese für flachwurzelnde Pflanzen zur Verfügung zu stellen. Der kundige Gärtner (oder Landwirt) weiß diese Sprache durchaus zu verstehen und überlässt den Boden noch eine Weile den intelligenten Bildekräften der Natur. Je mehr sich ein oder zwei Jahre später die Blätter aufrichten, bedeutet dies, dass der Boden nun die für neue Anpflanzungen notwendige Qualität erlangt hat.  

Nicht nur dahingehend ist der Löwenzahn eine klassische Zeigerpflanze. Dort wo er in Massen auftritt, kann man sich sicher sein, dass es sich um stickstoffreiche, also meist stark gedüngte Flächen (Futterwiesen und dergleichen) handelt. In der sich selbst überlassenen Natur, wie in lichten Laubwäldern, Hecken- und Graslandschaften, trifft man nur recht vereinzelt auf den Löwenzahn, auf Magerflächen, abgesehen vom Herbst-Löwenzahn, so gut wie gar nicht. Weltweit unterscheidet man etwa 2.300 Löwenzahnarten. 

Sein Nutzungspotenzial erstreckt sich als Heilpflanze, Kaffeeersatz, Kautschukersatz und eben auch als wichtige Futterpflanze, wofür er auch gezielt angebaut wird. Über sein Heilspektrum gibt es unzählige Seiten und Bücher von ebenso unzähligen Autoren, daher möchte ich mich zu diesem Thema mit nur einer Aussage nähern; der Löwenzahn wird von der Traditionellen Chinesischen Medizin auch als der Ginseng des Westens bezeichnet. Wir suchen oft Linderung, Genesung und Heilung in Auszügen und Extrakten exotischer und weit gereister Pflanzenpräparate von Ingwer-, Lotus- und Ginsengwurzeln, verpönen aber gleichzeitig jene ebenso wirkungsvollen Pflanzen, welche vor unseren Türen wachsen - wozu eindeutig auch der Löwenzahn zählt. Das Buch „Heilkräuter und Zauberpflanzen zwischen Haustür und Gartentor“ von Wolf-Dieter Storl gibt tiefen Einblick in das, was uns Allen vor Augen liegt und wir trotzdem nicht zu sehen im Stande sind. 

 

Der hier von mir um die Osterfeiertage 2023 portraitierte Löwenzahn wuchs im sandigen Boden im Garten meiner Schwester im nördlichen Niedersachsen. Weitaus weniger üppig, als wir es um diese Jahreszeit aus unseren Breiten kennen, schien er etwas Mühe zu haben, sich unter dem lockeren Laub des vergangenen Jahres empor zu strecken. Sein gesamtes Erscheinungsbild lag weit hinter dem, was wir als einen frühlingshaften Auftritt kennen. Und im gesamten Garten, der doch recht groß ist, war kein weiterer Löwenzahn zu finden. Behutsam grub ich ihn aus dem lockeren Boden heraus, setzte ihn in einer Schale auf den Tisch und begann zu zeichnen. Bemerkenswert ist, dass ich mich an viele kleine, wenn auch unwichtige wie beiläufige  Begebenheiten erinnern kann, während ich male oder zeichne. Es ist immer eine Zeit der völligen Fokussierung, der stillen Konzentration, des Schweigens, der Ruhe und der Erinnerung. 

Eine dieser Erinnerungen ist, dass es die Sehkraft stärken und die Leber reinigen soll, isst man im Frühling drei Wochen lang jeden Tag zehn Stengel vom Löwenzahn, was ich natürlich ausprobiert habe und alljährlich wiederhole. Leider mit bescheidenem Erfolg. Zwar achte ich darauf, meinen Augen so viel Sonnen- und Tageslicht wie möglich zukommen zu lassen und meine Wohnräume wie meinen Arbeitsplatz ausschließlich mit dem Licht von Glühbirnen, welche von allen Leuchtmitteln dem Sonnenlicht am ähnlichsten sind, auszuleuchten. Doch scheint der Blaulichtanteil aus uns überall umgebenden LED-Lichtern, Handydisplays und PC-Bildschirmen wirklich nachhaltig schädigend zu wirken. Letztlicht sagt die Qualität der Augen immer etwas über den Zustand der Leber, unseres Stoffwechsel-Managers und Träger unserer Emotionen, aus.

Der Geschmack der Stengel ist erfrischend bitter-saftig, die Konsistenz etwas zäh und faserig, was beim Kauen zeitgleich als Zahnseide dienlich ist. Interessant ist, dass man wirklich kräftig und ausdauernd kauen muss, um die Fasern zu zerkleinern, ein Vorgang, der in unserer heutigen Ernährung eher abhanden gekommen ist. Das Kauen ist als mechanische Zerkleinerung und dem Durchmischen mit zahlreichen Kohlenhydrate spaltender Enzyme der erste Verdauungsvorgang, von dessen Gründlichkeit der weitere Verdauungsfortlauf in seiner Qualität abhängig ist. Hierzu habe ich mich in der Beschreibung zum Rispengras hinlänglich geäußert https://www.stueck-welt-stueck.de/botanische-illustrationen-1/rispengras/".  

 

Der Mythos, dass der weiße Milchsaft des Löwenzahns für Kinder giftig sein soll, beruht darauf, dass dieser in der Kleidung nur schwer zu entfernende Flecken hinterlässt, wenn sich Kinder Blütenkränze oder kleine Trompeten aus den Stängeln basteln. Heute ist diese Fleckenentfernung absolut kein Problem mehr, doch die Mär von der Giftigkeit des Saftes hält sich hartnäckig.  

 

In der planetarischen Signaturenlehre ist der Löwenzahn hauptsächlich dem Jupiter (Leber-Regent) zugeordnet, trägt aber auch die Wärme und Wohltätigkeit der Sonne in sich. Die therapeutischen Wirkungen jovisischer (Jovialität = Jovis = Jupiter) Pflanzen sind hauptsächlich: belebend, antispasmodisch, balsamisch, erweichend, anthelmintisch (wurmtreibend), hepatisch und auf den Kreislauf wirkend.

Als ein Wohltäter und lebensbeherrschender Königsplanet ist Jupiter (außer Mars) allen Planeten freundlich gesonnen. Er regiert die Reife des Menschen, reguliert den Blutstrom und die Leberfunktion; auf der weniger sympathischen Seite vermag er Geiz und Vergesslichkeit zu bedingen.

Die unter Jupiter geborenen haben in der Regel sowohl zu Menschen als auch zu Tieren und Pflanzen große Zuneigung und ein gutes Verhältnis; sie erfreuen sich aller Prachtentfaltung, sowohl weltlicher als auch geistiger Art. Jupiter wird in Verbindung gebracht mit Ordnung, Reichtum, Luxus, Ruhm, Erfolg und Sicherheit. Unter einem gutem Aspekt bedeutet er Glauben und Weisheit, Gerechtigkeit und Ehrlichkeit. Unter einem schlechten Aspekt bringt er Leichtsinnigkeit, Unverständnis, Unbesonnenheit und Tyrannei. Mit Jupiter stehen Saphir, Karneol und Amthyst in Verbindung.

Jupiter bringt auf das Lebensgebiet, das er gerade durchläuft, Expansion, Gelegenheit zum Wachstum und geglückte Umsetzung von Vorhaben. Er neigt aber auch zu Übertreibungen aller Art, und daher sollten dahingehend Motive genau betrachtet werden, auf welchen Fundament Vorhaben und Expansionsversuche stehen. Wie man mit Jupiter-Transiten umgeht, ist anhand des Jupiter-Zyklus gut zu beobachten. Er braucht ungefähr zwölf Jahre, um einmal den Tierkreis zu umrunden. 

Im Tarot findet man Jupiter unter dem Rad oder Fortune, dem Glück. Diese Karte beinhaltet Neubeginn, Erweiterung, Kreativität, Selbstverwirklichung und unerwartetes Glück.

Das Rad ist Symbol der Ganzheit, in stetiger Bewegung begriffen und doch in seiner Gesamtheit unverändert. Es weist in seiner Gesamtheit jedoch darauf hin, daß wir der Schmied unseres Glückes selbst sind und gute Gelegenheiten zu erkennen und zu nutzen uns bereithalten sollen. Was zu dieser Bereitschaft jedoch gehört, verrät das Rad selbst nicht – es kehrt nur immer wieder und zeigt uns die Möglichkeiten, die wir haben können.

 

Rein ernährungsphysiologisch betrachtet ist Löwenzahn ein ebenso unschlagbares Wildgemüse wie die Brennnessel und der Giersch. Er enthält achtmal so viel Calcium, dreimal so viel Eisen, dreimal so viel Kalium, doppelt so viel Magnesium und Phosphor, vierzigmal so viel Vitamin A und viermal so viel Vitamin E wie Kopfsalat, der dagegen so wertvoll wie ein eingeweichtes Zellstofftaschentuch erscheint. 

Weiterhin soll Löwenzahn stressreduzierend wirken und eine positive Wirkung auf die Psyche haben, trägt dazu bei, die Leber und die Verdauung zu unterstützen, wirkt entzündungsreduzierend, stärkt das Immunsystem und unser allgemeines Wohlempfinden. Prinzipiell sind alle Pflanzenteile ess- und verwendbar, variieren aber in ihren Inhaltsstoffen entsprechend der Jahreszeit und der jeweiligen Funktion. 

Wer tiefer in das Wirkspektrum der Pflanze und ihre Verwendungsvielfalt eintauchen möchte, kann sich in der Fachliteratur wie auch im Internet die Augen wund lesen. Dennoch sind die eigenen Erfahrungen, das Ausprobieren, Herantasten und Experimentieren wertvoller als plakatives Faktenwissen, welches von zahlreichen selbsternannten Heilern, Schamanen und sogenannten Energetikern wiedergekäut wird. Leider tummeln sich in der naturheilkundlichen Szene viel zu viele dieser Experten, welche nur darauf aus sind, überteuerte Seminare und Präparate zu verkaufen und Jenen gegenüber rufschädigend wirken, welche wirklich fachlich fundiert arbeiten und praktizieren. 

 

Wer sich zunächst, ohne selbst auf die Suche zu gehen, oder wenn es einfach an der Zeit, Umgebung oder der richtigen Jahreszeit mangelt, mit Löwenzahnprodukten versorgen möchte, dem sei das Kräuterparadies Lindig in München empfohlen, in dem ich selbst regelmäßig Einzelkräuter, Tees und Pulver kaufe, welche sich durch erstklassige Qualität und Güte auszeichnen. https://www.seit1887.de/" Einfach „Löwenzahn“ in die Suchmaske eingeben und stöbern. 

 

„Die gold’ne Pracht hat ausgeblüht,
Die kleinen Sonnen sind verglüht.
In silbernen Laternen glimmt
Ihr Licht, bevor es Abschied nimmt.
Bevor der Wind es rings verweht
Und neue gold’ne Sonnen sät.“

 

(Altdeutsches Kinderrätsel)

 

©Kay Weber